Grosse Pläne - geringe Einkünfte: Die Finanzierung der Universität in den ersten Jahren

Mit der Gründung einer Universität war immer auch die Sicherung ihrer finanziellen Basis verbunden. Finanzfragen waren darüber hinaus auch langfristig ein zentrales Thema, das die Entwicklungs- möglichkeiten der Hohen Schule ebenso betraf wie ihr Verhältnis zur Stadt.

Als sich Basel ab 1458 aufgrund der günstigen Konstellationen die Chance bot, das Projekt einer Universitätsgründung voranzutreiben, scheint man sich schon bald Gedanken über die Positionierung der Neugründung im europäischen Universitätsgefüge oder doch zumindest im deutschsprachigen Raum gemacht zu haben.

Die Ausrichtung der Neugründung und der Erwerb des Stiftungsprivilegs
Das Bittschreiben vom 10. September 1459, mit dem der Rat beim Papst darum bat, die Erlaubnis zur Errichtung einer Universität mit allen Fakultäten zu erhalten, enthielt den expliziten Wunsch, die Hohe Schule nach dem Vorbild von Bologna zu ordnen, und damit eine programmatische Aussage. Während sich die etwa zur gleichen Zeit vorangetriebene Gründung von Freiburg an Wien und damit am nordalpinen Universitätsmodell orientieren wollte, setzte Basel auf eine Kombination und versuchte, das Bologna-Modell der renommierten italienischen Juristenuniversitäten mit vorwiegend adligem Publikum mit dem Vier-Fakultäten-Modell der spätmittelalterlichen Neugründungen im deutschen Bereich zu verbinden.

Interessanterweise enthielt das Gesuch an den Papst, ein Stiftungsprivileg für Basel auszustellen und zugleich selbst als Stifter der Basler Universität zu fungieren, zunächst keine Bitte um Dotationen, sondern beschränkte sich mit der Nennung der Ordnung von Bologna auf den rechtlich-statutarischen Aspekt. Damit waren zugleich sozioökonomische Auswirkungen vor allem im Hinblick auf das potentielle Publikum für die neue Universität impliziert. Als die heiklen Finanzierungsfragen kurz darauf an Bedeutung gewannen, blieb der Rat bei seinem Angebot und beschloss bereits am 10. Oktober, die in Aussicht gestellte päpstliche Zustimmung zur Universitätsgründung anzunehmen. Mit Hilfe des Basler Domdekans, Johann Werner von Flachslanden, der als päpstlicher Kämmerer das besondere Vertrauen Pius II. genoss, betrieb er den Erwerb des eigentlichen Stiftungsbriefes intensiv weiter.

Aus den Instruktionen an Flachslanden wird deutlich, dass die Stadt zu diesem Zeitpunkt die Ausstattung der Universität mit kirchlichen Pfründen keineswegs als Vorbedingung für die Gründung angesehen hat. Der zurückhaltend formulierte Auftrag an den Basler Domdekan, er möge beim Papst darauf hinwirken, dass dieser als Dotation Pfründen entweder an den beiden Stiften in Basel, dem Dom und St. Peter, oder anderswo im Bistum oder in Straßburg inkorporiere, zeigt, dass die Basler Politiker in diesem Moment finanzielle Fragen hintan stellten. Entsprechend fehlte in der Stiftungsurkunde vom 12. November 1459 denn auch jeder Hinweis auf die materielle Ausstattung. Der Papst hatte damit die Stifterrolle bei einer sehr vagen Aussicht Basels auf kirchliche Fundationsgüter übernommen.


Die Finanzdiskussionen im städtischen Rat
Parallel zu diesen Entwicklungen hatte der Basler Rat intensiv über grundlegende Fragen im Zusammenhang mit der neuen Institution diskutiert und wohl im Herbst 1459 vier Gutachten von Gelehrten zur Einrichtung und Organisation der Hohen Schule eingeholt, die alle zur Gründung rieten und von Kosten zwischen etwa 600 und 3000 Gulden pro Jahr je nach Grösse und Ausstattung der neuen Institution ausgingen. Trotz des bereits erfolgten Ratsbeschlusses und der bereits intensiv laufenden Bemühungen um den Erwerb des Stiftungsbriefes, kam es anfangs November doch noch zu Auseinandersetzungen um die wirtschaftliche Absicherung der neuen Institution. Nun sollte die Gründung an die Bedingung der Pfründeninkorporation durch den Papst gebunden werden. Mit Beschluss vom 17. November wollte der Rat den Papst um die Verleihung von Pfründen in Höhe von insgesamt etwa 1600 Gulden bitten. Diese Verhandlungsposition wurde allerdings bereits am 26. November wieder aufgegeben, nach dem sich das Basler Domstift und das Petersstift bereit erklärt hatten, der Universität je zwei Pfründen zu stiften. Nun hiess es, «Et si illa summa forsan obtineri non posset, obtineatur quantum potest».

Dennoch hatten die entsprechenden Diskussionen im städtischen Rat die finanziellen Bedenken und Hoffnungen der Stadt sehr deutlich zu erkennen gegeben, wie aus einem entsprechenden Memorandum des Stadtschreibers Kienlin hervorgeht. Die Gutachter, die noch einmal zur Universitätsgründung befragt worden waren, betonten neben der Ehre für die Stadt und dem ideell-christlichen Wert eines «studium generale» vor allem und sehr ausführlich den praktisch materiellen Nutzen, der von einer Universitätsgründung zu erwarten sei. Trotz Steuer- und Abgabenfreiheit, so ihre Berechnungen, würden die künftigen Studierenden im Durchschnitt mindestens je 20 Gulden pro Jahr ausgeben, was bei 500 Studierenden 1000 Gulden, bei 1000 Studierenden sogar 2000 Gulden ausmache, die in die städtische Wirtschaft flössen. Dagegen stünden zunächst – solange die Pfründen noch nicht inkorporiert und finanziell realisiert worden seien -  Kosten für die Dozenten von etwa 600 Gulden. Mit dieser Summe liessen sich 10 Magister für den Anfang gewinnen.

Die Deputaten und beide Räte erwogen, wie es heisst, «das susze und das sure gegen eynander» und diskutierten die Pro- und Contra-Argumente in finanzieller wie politischer Hinsicht ausführlich. Schliesslich setzten sich die Befürworter der Universitätsgründung durch. Die Einrichtung der Universität ging weiter voran und es gelang den Baslern noch vor Ende Jahr am 26.12. von Pius II., der sich gegenüber den Inkorporierungswünschen sehr reserviert verhalten hatte, eine Bulle zu erhalten, die u.a. durch die Inkorporation von fünf Kanonikaten in Zürich, Zofingen, Solothurn, Colmar und St. Ursanne Pfründen in den Diözesen Konstanz, Lausanne und Basel an die Universität vergab, von denen Einnahmen in Höhe von 290 Gulden erwartet wurden. Deren tatsächliche Inkorporierung sollte die Universität allerdings noch Jahrzehnte beschäftigen und niemals auch nur annähernd vollständig gelingen.


Die Einrichtungskosten der Hohen Schule bis 1462
Aus dem Öffnungsbuch wissen wir, dass die Einrichtungskosten für die Universität von Sommer 1458 bis Sommer 1462 mit Ausgaben für die notwendigen Gesandtschaften und Kosten zum Erwerb der Privilegien und Bullen, dem Kauf des Unteren Kollegiums, Anwerbungskosten und Löhnen für Dozierende, den Kosten für das Universitätsszepter, Umbauarbeiten am Kollegiengebäude und einem Becher als Ehrengeschenk für Johann Werner von Flachslanden für seine Vermittlungsdienste beim Papst auf insgesamt 2847 Pfund, 12 Schilling und 10 Pfennige beziffert wurden, während die Höhe des städtischen Haushaltes für das Jahr 1460/61 allein 22550 Pfd. betrug. 

Anstellungspolitik und Finanzierungsbedarf
Das Gutachten von Heinrich von Beinheim hatte für den Start der Universität mit drei Doktoren der Theologie, drei Juristen des geistlichen Rechts (Dekretal, Neues Recht, Dekreten), einen Vertreter des weltlichen Rechts, einen Doktor der Arznei und sechs Magister artibus gerechnet. Und tatsächlich sind in der städtischen Jahresrechnung von 1461/62 Ausgaben für elf Dozenten unter ihnen fünf Juristen, ein Medizinprofessor und drei Artisten namentlich aufgeführt. In den folgenden Jahren sind jeweils zwischen acht und vierzehn Dozenten genannt; ab 1468/69 sinkt ihre Zahl auf sechs und schliesslich bis Mitte der 1470er Jahre auf drei. Offensichtlich sind allerdings die Angaben der Stadtrechnung zu den Dozentengehältern unvollständig, handelt es sich doch bei den städtischen Jahresrechnungen nicht um Angaben zu den Gesamteinkünften der Universität.

Obwohl die Gründung der Universität von Anfang an finanzielle Bedenken hervorrief, hatte sich Basel für die vergleichweise kostspielige Variante einer starken Juristischen Fakultät nach italienischem Vorbild entschieden. Mit dieser Ausrichtung war schon in der Gründungsphase die Anwerbung italienischer Rechtsprofessoren verbunden, deren Gehälter diejenigen deutscher Magister deutlich übertrafen. So verdiente etwa der damalige Starjurist in Basel, Johannes Augustinus de Vicomercato, 1464/65 mehr als doppelt soviel wie sein am zweitbesten bezahlter Kollege, der Jurist Johann Helmich aus Köln. Für die ersten Jahre der juristischen Fakultät sind zahlreiche Schreiben erhalten, die die Anwerbung italienischer Dozierender und deren für Basel oft unerfüllbare Gehaltsforderungen betreffen.


Von den Schwierigkeiten der Pfründeninkorporation
Der Rat hatte in der Planungsphase eine Liste mit 20 Pfründen, die er sich für die Finanzierung der Universität sichern wollte, angelegt, aber schon bei der Inkorporierung seine Pläne zurückfahren müssen. Schliesslich war es ihm, wie gesagt, gelungen, Pfründen im Umfang von fünf Kanonikaten in Zürich, Zofingen, Solothurn, Colmar und St. Ursanne in drei Diözesen (Konstanz, Lausanne und Basel) mit jährlichen Einnahmen von 290 Gulden vom Papst zugesprochen zu bekommen. Die tatsächliche Nutzung solcher Inkorporierungen war aber im Falle Basels, wie auch bei anderen Universitätsgründungen, etwa derjenigen in Freiburg, schwierig zu realisieren. Der Rat setzte in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zu immer neuen Versuchen an, Professoren (Doktoren und Magister) auch tatsächlich in die inkorporierten Pfründen einzusetzen. So versuchten die Deputierten schon 1460 den Juristen Johannes Grütsch als Kanoniker des Felix und Regula Stifts in Zürich wählen zu lassen. Sie stiessen dabei aber auf den anhaltenden Widerstand Zürichs. Kurz darauf scheiterte ein weiterer Inkorporierungsversuch am diplomatisch geschickt vorgebrachten Widerstand Solothurns. Noch 1504 versuchte Basel nach dem Beitritt zur Eidgenossenschaft erfolglos seine Pfründenansprüche auf eidgenössischem Gebiet durchzusetzen. Nach vielfältigen Versuchen musste sich die Stadt schliesslich mit Bezügen aus Sissach und Rümlingen, von der Kapelle zum Heilig-Kreuz in Kleinbasel und von St. Peter begnügen. Allerdings ist für die ersten 50 Jahre nach der Gründung nicht klar, in welcher Form und in welchem Umfang Einkünfte aus den Pfründen bezogen und ob sie allenfalls direkt oder indirekt erfolgten.

Ähnliche Schwierigkeiten wie sie Basel bei den auswärtigen Kanonikaten hatte, zeigten sich ganz allgemein auch bei der finanziellen Umnutzung der Kollegiatsstifte zugunsten von Universitäten: Dies war in Freiburg ebenso der Fall wie in Köln, Heidelberg oder Tübingen. Auch in Basel kam es um die Peterspfründen zu langwierigen Auseinandersetzungen zwischen dem Kollegiatsstift und der Universität. Die damit verbundenen Spannungen zwischen Stift und Stadt führten etwa 1461 zu handgreiflichen und lautstarken Störungen einer Kapitelssitzung durch Laien. Zwar verzichtete das Kapitel in der Folge formal auf alle seine Pfründen zugunsten der Universität, konnte aber indirekt die Kooptation der Pfründeninhaber durch das Kapitel aufrecht erhalten und damit die Wahl seitens der Universität umgehen. Erst durch die fundamentale Neuordnung der Reformationszeit in diesem Bereich konnte die Inkorporation auch tatsächlich realisiert werden und das Kollegiatsstift auch wirklich zur Dotation der Universität eingesetzt werden. Marchal sieht als strukturelle Ursache dieser weit verbreiteten Schwierigkeiten bei der Inkorporation von Kollegiatsstiften und auch schon von einzelnen Kanonikaten in die Universität die Unvereinbarkeit der fundamentalen Sinnauffassung der beiden betroffenen Institutionen: Lehre und Studium statt feierlicher Gottesdienste.

Städtischer Haushalt und Universität
Nach den Anfangsinvestitionen der ersten Jahre erreichten die regulären Ausgaben mit 922 Pfund im Jahr 1464/65 bereits den Höhepunkt. Sie wurden zum grössten Teil für 14 Dozenten ausgegeben, die höchste in den Stadtrechnungen genannte Zahl bis 1534/35; der bereits genannte Jurist Vicomercato, der nur ein Jahr in Basel blieb, erhielt allein bereits 231 Pfund. Durchschnittlich gab die Stadt in der Anfangsperiode bis 1467/68 rund 600 Pfund für die Besoldung der Dozenten pro Jahr aus. Dieser Betrag sank recht schnell auf 200 bis 300 Pfund pro Jahr. Der absolute Tiefstand wurde mit 86 Pfund für zwei Dozenten im Jahr 1505/6 erreicht; danach zogen die Zahl der Dozenten und die Gehaltssumme wieder an und erreichten ab 1509/10 regelmässig 325 Pfund jährlich. In den drei krisenhaften Reformationsjahren zwischen 1529/30 und 1531/32 erhielten fünf Dozenten pro Jahr noch 280 Pfund.

1507 regelte die Stadt die finanziellen Beziehungen zur Universität neu. In einer Phase schrumpfender städtischer Budgets beschloss der Rat jährlich 200 Gulden oder 253 Pfund als «Liebtat» für die Besoldung der Dozenten bereitzustellen. Dagegen wurden die Erträge aus den Pfründen, die seit 1504 die bisherigen persönlichen Leistungen der Inhaber dieser Pfründen abgelöst hatten, in den Staatshaushalt integriert. So resultierte eine Nettobelastung der Stadt für die Hohe Schule von 96 Gulden. Im Gegenzug mussten die Mitglieder der Universität auf die Befreiung vom Fleischumgeld verzichten, nachdem sie bereits seit 1474 Mehlumgeld entrichten mussten, von dem sie der Freiheitsbrief anfangs ebenfalls freigestellt hatte. In den 24 Jahren zwischen 1507 und 1531 konnte die Stadt insgesamt ein Drittel ihrer Ausgaben für die Universität aus Pfründeneinnahmen decken.

Die Regionalisierung
Vergleicht man die Erwartungen und Pläne in den Gründungsjahren, als man bereit war erhebliche Geldmittel in das neue Unternehmen zu investieren, auch und gerade in finanzieller Hinsicht mit den folgenden Jahren, so wird deutlich, dass eine Redimensionierung stattfand, die gleichzeitig auch mit einer Regionalisierung der Hochschule unter mehreren Aspekten einher ging: Die Sicherung auswärtiger Pfründen erwies sich als faktisch unmöglich, so dass die finanzielle Basis im Wesentlichen auf Pfründen in Basel und im Baselbiet beschränkt blieb. Die Orientierung am italienischen Modell der auf die höheren Stände ausgerichteten Juristenuniversität wurde zugunsten einer Orientierung an Erfurt zurückgenommen und gleichzeitig wurden zunehmend weniger italienische Juristen als Professoren in Basel verpflichtet. Die hohe Universitätsdichte im deutschen Südwesten führte vor allem nach der Gründung der Universität Tübingen im Jahr 1477 zu sinkenden Frequenzzahlen in Basel, bis schliesslich Freiburg Basel an Zahl der Studenten ab etwa 1500 zu überholen begann. Und schliesslich gelang es Basel auch nach dem Beitritt der Stadt zur Eidgenossenschaft im Jahr 1501 nicht, zur bevorzugten Universität für eidgenössische Studenten zu werden und damit gewissemassen eine eidgenössische Landesuniversität zu werden.