Die Reformation als Einschnitt und Aufbruch

Mit der Reformation geriet die Universität spätestens seit Mitte der 1520er Jahre in eine existentielle Krise. 1532 wurde ihr Verhältnis zur städtischen Obrigkeit neu geregelt und damit die Basis für einen lang anhaltenden Aufschwung während des gesamten 16. Jahrhunderts gelegt.

Schon die ersten Auseinandersetzungen im Zuge der reformatorischen Bewegung führten auch in der Universität zu Konflikten. Universitätsangehörige beteiligten sich in der Fastenzeit 1522 am demonstrativen Spanferkelessen im Klybeckschloss und versuchten die Wahl eines neuen Rektors durchzusetzen. Als Institution dagegen erwies sich die Universität als Hort der Reformationsgegner: So wurde etwa Bonifaz Wolfhart wegen des Fastenbruchs die Lehrerlaubnis entzogen und der Rektor des Wintersemesters 1522/23, Johannes Romanus Wonnecker, nutzte seinen Eintrag in der Rektoratsmatrikel zu einer beredten Klage über den Unruhestifter Martin Luther.

Als im nächsten Jahr 1523 vier Professoren zwei beliebte Reformprediger (Lüthart und Konrad Pellikan) anlässlich einer Visitation beim Provinzial der Barfüsser denunzierten, entzog ihnen der Rat ihre Besoldung und setzte statt dessen Pellikan und Johannes Oekolampad, den späteren Basler Reformator, als Theologieprofessoren ein. Die Universität wehrte sich gegen dieses Vorgehen, indem sie weiterhin Altgläubige in Ämter wählte. Die Theologen weigerten sich, Oekolampad und Pellikan in die Fakultät aufzunehmen und die Rektoren führten beredte Klage über den Unfrieden der Zeit.

Die Universität auf dem Höhepunkt der reformatorischen Unruhen
In den folgenden Jahren spaltete sich die Universität zusehends in zwei Lager auf. Als Anhänger der Reformation standen Oekolampad, der Mediziner Oswald Baer und der Artist Torinus, den Skeptikern und sogenannt Altgläubigen gegenüber – dem Theologen Ludwig Baer, den Juristen Catiuncula und Amerbach, wie auch Sichart und Glarean, die ihre reformationsfreundlichen Positionen in der Folge des Bauernkriegs revidiert hatten. Die Konflikte eskalierten weiter; die Immatrikulationen nahmen drastisch ab, so dass sich im Dezember 1528 nur noch ein einziger Student an der Universität Basel immatrikulierte, Caspar Schüfelbiel aus Münster im Aargau.

Auf dem Höhepunkt der reformatorischen Unruhen in der Stadt verliessen im Frühjahr 1529 zusammen mit dem Domkapitel wohl auch die Mehrheit der Professoren und Studenten die Stadt und zogen nach Freiburg. Am 14. Juni 1529 beschlagnahmten die Deputaten im Auftrag des Rates Szepter, Siegel, Statutenbücher, Urkunden und die Universitätskasse. Damit waren zentrale Grundlagen für das reguläre Funktionieren der Universität nicht mehr gegeben: Die Möglichkeit gültige Diplome und Urkunden auszustellen entfiel ebenso wie die Rechtsprechung im Rahmen der universitären Gerichtsbarkeit. Gleichzeitig verhinderte der Rat auf diese Weise, dass die Gegner der Reformation parallel zu ihrem Auszug auch die Hochschule selbst an einen anderen Ort verlegten.

Allerdings scheint in den nächsten Jahren, entgegen der in der älteren Forschung verbreiteten Auffassung, der Universitätsbetrieb nie ganz eingestellt worden zu sein. Zumindest bezogen einige Dozenten weiterhin ihre Gehälter. 1531 fand zudem während des sogenannten Interregnums, die erste öffentliche anatomische Sektion an der medizinischen Fakultät unter Oswald Bär statt, dem letzten Rektor vor dem Durchbruch der Reformation 1529 und dem ersten nach der „Wiedereröffnung“ der Universität 1532. Sie sollte am Anfang einer langen Erfolgsgeschichte der medizinischen Fakultät stehen, die Basel zusammen mit den Juristen vor allem in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einer eigentlichen „Modeuniversität“ werden liess. Bis dahin war allerdings noch ein weiter Weg.

Während des Interregnums, vermutlich 1531, entstand ein – wahrscheinlich von Johannes Oekolampad verfasstes – Gutachten zur Reorganisation der Universität. Für die Juristen wurde ein intensiveres Quellenstudium und ein Zurückdrängen der vielen Kommentare gefordert, für die Mediziner eine stärkere Berücksichtigung der praktischen Übungen. Die Gebühren sollten gesenkt, die kostspieligen Gebräuche bei der Verleihung akademischer Grade abgeschafft werden. Als wichtigstes Anliegen der reformierten Universität erschien die Erziehung des christlichen Menschen in engster Verbindung mit seiner Vorbereitung auf einen praktischen Beruf. Diese neue Praxisorientierung sollte zusammen mit der Unterordnung der Universität unter die christliche Obrigkeit zum wesentlichen Kennzeichen der nachreformatorischen Universität und ihrer revidierten Statuten werden.

Die Wiedereröffnung der Universität und ihre Eingliederung in das reformierte Staatswesen   
Die Übergangszeit zwischen alter und neuer Ordnung endete für die Universität mit dem Erlass neuer Statuten, die der neugewählte Rektor, Oswald Bär, und einige Mitglieder der Universität am 20. September 1532 beschworen. Am 1. November rief der Rektor dann offiziell zum Besuch der wiedereröffneten Universität auf und erwähnte explizit die Professoren Paul Konstantin Phrygio, Bonfiacius Amerbach, Sebastian Münster, Simon Grynaeus, Albanus Torinus, Wolfgang Wissenburg und Simon Sulzer.

Auffälligerweise erwähnten die neuen Statuten die früheren Rechte und Privilegien nicht. Vielmehr konstituierten sie das Verhältnis der Universität zur städtischen Obrigkeit völlig neu. Jetzt war es der Rat, der für die Hohe Schule Statuten erliess und sich damit die Universität unterordnete. Entsprechend büsste diese ihre Privilegien nun weitgehend ein: Die Steuerfreiheit wurde aufgehoben, was in der Folge zu endlosen Auseinandersetzungen zwischen Universität und Stadtgericht, aber auch Rat führen sollte, die universitäre Gerichtsbarkeit auf Geldschulden in erster Instanz beschränkt und die universitäre Selbstverwaltung beschnitten.

Die Wiederaufnahme des Universitätsbetriebs kam in der Folge wohl nur langsam in Gang. Erst 1536 scheint die artistische Fakultät wieder vollständig funktionstüchtig gewesen zu sein. In den folgenden Jahren wurde weiter über Reformen diskutiert und die Fakultäten erstellten entsprechende Gutachten. 1538 wurde die Regenz beim Rat vorstellig und verlangte, die Universität wieder gemäss den alten Privilegien selbst verwalten zu können. So kam es 1539 zu einer erneuten Statutenrevision, bei der der Rat der Universität bis auf die Wahl der neuen Professoren, die bei den Deputaten blieb, entgegenkam: die Universität war nun in der Gestaltung des Lehrbetriebes wieder selbständig. Der prinzipielle Wechsel von der mittelalterlichen Universität, die eine geistliche  Institution war, in deren Zentrum das Studium der scholastischen Theologie als Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit stand, zu einer Organisation, die im Dienste des reformierten Staates Pfarrer, Beamte, Richter, Ärzte und Lehrer ausbildete, wurde dagegen nicht mehr rückgängig gemacht. Entsprechend einigten sich auch Universität und Rat darauf, die Geistlichkeit der theologischen Fakultät einzugliedern. Ausserdem durfte niemand mehr als Professor angestellt werden, der nicht der reformierten Religion angehörte.

Mit der Reformation war die Universität zur »Staats-Anstalt« geworden. Damit einher ging schon bald eine räumliche Erweiterung: 1538 konnte die Universität das aufgelöste Augustiner-Kloster übernehmen, das fortan das »obere Collegium« genannt wurde, während folgerichtig das ursprüngliche Gebäude am Rheinsprung nun als »unteres Collegium« bezeichnet wurde. Abgesehen vom Umzug der Bibliothek aus dem unteren Kollegium in das Haus »zur Mücke« im Jahre 1662 blieben diese beiden Hauptgebäude der Universität bis ins 19. Jahrhundert im Wesentlichen unverändert.